SPHÄRE 1:50.000

Projektleitung für LAAC Architekten www.laac.eu
Venedig 2018      

Österreichischer Pavillon, Venice Architecture Biennale 2018

Kuratorin: Verena Konrad

Thoughts Form Matter – Rauminstallation Österreichischer Pavillon

Der Österreich-Beitrag “Thoughts Form Matter” ist ein Plädoyer für die Kraft von Architektur als intellektuelle Auseinandersetzung mit
der Welt und für die Freiheit, Räume auch abseits funktionalistischer und ökonomischer Zwänge zu denken. LAAC, Henke Schreieck und Sagmeister&Walsh schaffen unter der kuratorischen Leitung von Verena Konrad eine konzeptuell und materiell vielschichtige Rauminstallation, in der Innen und Außen, Vertikal und Horizontal, der historische Pavillon und zeitgenössische Architektur- und Designsprachen aufeinander treffen.

Sphäre 1:50.000
Der österreichische Pavillon wird vorwiegend als streng symmetrisches Gebäude wahrgenommen. Er wurde 1934 nach Entwürfen von Josef
Hoffmann und Robert Kramreiter errichtet. 20 Jahre später fügte Hoffmann eine bogenförmige Gartenmauer im Hinterhof hinzu. Die Rauminstallation deutet diese Geste als Abweichung, als Revolutionieren des eigenen Entwurfs. Sphäre 1:50.000 ist eine poetische Inszenierung, eine räumliche Abweichung.

Geometrisch bezugnehmend auf die Bogenform der Gartenmauer, wurde eine scheinbar euklidische Kreisfläche in den Pavillon eingeschrieben. Durch die Krümmung dieser Fläche wird deutlich, dass sich an der Oberfläche das Segment einer Sphäre offenbart. Der angedeutete, in der Wahrnehmung fast kugelförmige Körper dezentralisiert das Bauwerk und der Ort oszilliert zwischen der absoluten Raumvorstellung des Pavillons und einem relationalen Verständnis von Raum.

Sei es nun eine Folge der Anwendung des goldenen Schnitts im historischen Entwurf oder einfach purer Zufall, die Sphäre im Österreichischen Pavillon misst einen Radius von 128 Metern und steht im Verhältnis von 1:50.000 zur Erde. Die sichtbare, gekrümmte Fläche ist wie die Erde selbst ein Körper. Ein Boden-Körper, dessen verspiegelte Oberfläche von der Dualität des Raums erzählt und unser Verhältnis zur Erde hinterfragt. Sie veranschaulicht einen Raum, in dem man sich sieht, wo man nicht ist und vergegenwärtigt jenen Ort, an dem man sich befindet. Sie krümmt, verzerrt, transloziert und ermöglicht einen maßstäblichen Sprung, einen Sprung in ein Außen, in ein Außerhalb des Gegebenen und Vorstellbaren. So wird der Spiegel zum Instrument der Abweichung anstatt der Symmetrie. Symmetrie und Abweichung stehen einander wechselseitig gegenüber und erweitern die Räume des Pavillons.

Die Oberfläche der Sphäre ist eine verletzliche. Sie ist nicht nur reflektierend im Sinne optischer Wirksamkeit, sondern reagiert auch in ihrer
Materialität auf atmosphärische Einflüsse wie Licht, Temperatur und Regen. Somit zeichnet die Sphäre kein statisches Bild von Raum, sondern eines, das in Wechselwirkung mit der Umwelt entsteht. Es entsteht ein gegensätzlicher Raum. Ein verletzbarer, heißer und kalter Raum, der verschmutzt und zerkratzt. Ein „wilder“ Raum, der sich in seiner Übersteigerung jeglicher herkömmlichen Funktion widersetzt und gerade darin seine gesellschaftliche Funktion unterstreicht. So ist die Sphäre konsequent Bezugsraum für alle natürlichen und kulturellen Ereignisse.

Freiraum setzt auf das, was sein könnte, auf das Mögliche, das Potenzielle, auf das Unbestimmte, Unerwartete, Unangepasste, das Eigenwillige, auf Kontingenz.

Freiraum ermutigt zum Widerstand gegen das Absolute und bedingt die Abweichung von der Norm. (Text: LAAC)

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Bilder: LAAC

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Foto: Martin Mischkulnig

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